Radiologie: Diagnosen in hohem Tempo
Text: Daniel Göring, Foto: Tino Kistler
Ein Dienstagmorgen in der Radiologie des Spitals Interlaken. 36 Untersuchungen haben in den letzten Stunden stattgefunden, von Knien über Hüften, Becken, Brustkörben und Schultern bis hinauf zu Schädeln sind Durchleuchtungsbilder angefertigt worden. Ein normaler Morgen ausserhalb der touristischen Hochsaison, wie Dr. med. Tobias Hertle, Chefarzt des Instituts für Radiologie der Spitäler fmi AG, beim Durchblick der Aufträge auf seinem Computer festhält. Für ihre Arbeit stehen dem radiologischen Fachpersonal drei konventionelle Röntgenapparate, ein Durchleuchtungsgerät, zwei Ultraschallgeräte, ein Computertomograf (CT) und zwei Magnetresonanztomografen (MRT) am Spital Interlaken zur Verfügung. Gleichzeitig sind im Spital Frutigen verschiedene Ultraschallgeräte, ein Röntgenapparat und ein CT im Einsatz.

Tobias Hertle ist Chefarzt des Instituts für Radiologie der Spitäler fmi AG.
Arbeitsverhältnisse verbessert
Im Spital Interlaken hat die Radiologie nach dem Umbau im Untergeschoss des Hauses K während den Herbstferien ihre neuen Räume bezogen. Hertle ist froh, dass seiner Equipe seit dem Umzug etwas mehr Platz zur Verfügung steht und die Wege kürzer geworden sind. «Wir haben durch den zusätzlichen Raum die Arbeitsverhältnisse für die Administration und das CT-System verbessern können». Stolz ist der Chefradiologe, dass die Arbeitsplätze für die Ärztinnen und Ärzte sich direkt neben der CT-Steuerungszentrale befinden. «Dadurch können sich die Fachleute direkt austauschen und die Untersuchungsabläufe sowie Befunde besprechen.»
Integriert in die Auswertungsplätze ist auch ein Monitor, auf dem die Bilder der radiologischen Untersuchungen in Frutigen begleitet werden können, wie Hertle anfügt. «Die dortigen Patientinnen und Patienten profitieren auf diese Weise von unserer Expertise», hält er zufrieden fest. Von den neuen Räumlichkeiten haben jedoch auch die Patientinnen und Patienten in Interlaken etwas: «Das Wartezimmer ist grösser geworden und gibt den Blick frei in den Lichthof hinter der Anmeldung», erklärt Tobias Hertle. Die Kundschaft empfinde die Atmosphäre deshalb als deutlich angenehmer. Geblieben ist die Nähe zum Alpinen Notfallzentrum, denn bei dringenden Fällen ist oft eine radiologische Untersuchung Ausgangspunkt für die Behandlung.
«Für die Untersuchung eines Kniegelenks brauchen wir heute noch 7 Minuten, vorher waren es zwölf.»

Tobias Hertle und sein Team schätzen die besseren Platzverhältnisse in der Radiologie seit dem Umzug.
Untersuchungsdauer halbiert
Neben den Räumen verfügt die Radiologie seit kurzem auch über ein runderneuertes sowie ein zweites MRT. Das erneuerte System nahm das Spital Interlaken im vergangenen Frühling in Betrieb, das andere im September. Tobias Hertle ist voll des Lobes über die Möglichkeiten der beiden Anlagen: «Ihre Effektivität ist beeindruckend. Dank dieser zwei Systeme haben wir die Untersuchungsdauer auf etwa die Hälfte reduzieren können.» Dieser Umstand mag interessant, aber wenig spektakulär tönen, doch Hertle hebt hervor, dass die verkürzten Zeiten klinisch relevant sein könnten – etwa, wenn es um den Entscheid gehe, welcher lebensrettende Eingriff nach einem schweren Unfall angezeigt sei.
Selbst in den Fällen, in denen es nicht eilt, summieren sich die Zeitgewinne laut Hertle: «Für die Untersuchung eines Kniegelenks brauchen wir heute noch 7 Minuten, vorher waren es zwölf.» Für einen Tag zusammengerechnet komme da einiges an zusätzlicher Wirksamkeit hinzu. Auch die Patienten profitierten direkt von der Verkürzung der Untersuchungszeit. «So ist der Untersuchungskomfort deutlich gestiegen», ergänzt Tobias Hertle.

Dank erneuerter Gerätesysteme und integrierter KI kann die Untersuchungsdauer deutlich verkürzt werden.
KI mit an Bord
Neben dem höheren Tempo liefern die beiden MRT besser aufgelöste Bilder. Dadurch würden nicht nur die Diagnosen vereinfacht, sondern auch deutlich komplexere Untersuchungen ermöglicht, streicht Tobias Hertle hervor. Er illustriert den Umstand an einer demenzkranken Person: «Die Qualität der Abbildungen des Schädels erlaubt den Fachleuten in der Psychiatrie zu erkennen, ob sich die Demenz behandeln lässt oder ob es sich um eine irreversible Form handelt, bei der als einzige Möglichkeit bleibt, den Verlauf der Krankheit mit Medikamenten zu verlangsamen.»
Die neuen Geräte sind überdies mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, wie Tobias Hertle anmerkt. «Dank der Unterstützung durch KI schaffen wir den Ausgleich zwischen der Geschwindigkeit der Untersuchung und der Auflösung der Bilder noch etwas besser», erklärt der Chefradiologe. Denn ein erhöhtes Tempo gehe grundsätzlich mit einer geringeren Bildqualität einher.
Hertle ist überzeugt, dass KI die Radiologie in den nächsten Jahren massiv verändern wird. Müssen die Patientinnen und Patienten damit rechnen, bald einmal vollautomatisierte Diagnosen zu erhalten? Tobias Hertle winkt ab: «KI wird uns Radiologen nicht überflüssig machen, sondern die Routineprozesse vereinfachen und neue Untersuchungsmethoden ermöglichen. Die abschliessende Diagnose wird auch in Zukunft eine Ärztin oder ein Arzt stellen», unterstreicht der Chefradiologe.
Radiologie
Die Radiologie ist ein zentrales Element in der modernen Medizin. Dank den hochentwickelten bildgebenden Verfahren lassen sich viele Diagnosen schnell und einfach stellen. Die Technik und die digitale Bilderfassung ermöglichen eine hohe Qualität der Aufnahmen bei einer gleichzeitig geringen Strahlenbelastung für die Patientinnen und Patienten.
Neben der Untersuchung kommt die Radiologie auch in der Therapie zum Einsatz. Gerade das Spital Interlaken setze vor allem bei Schmerztherapien auf radiologische Unterstützung, wie Chefarzt Tobias Hertle erläutert. «Dank der Radiologie lässt sich ein Schmerzmittel viel gezielter an der erforderlichen Stelle verabreichen. Dadurch wird der Rest des Körpers weniger belastet als bei einer konventionellen Therapie.»
Radiologische Untersuchungs- und Behandlungsverfahren lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: solche mit Röntgenstrahlen und solche ohne. Zur ersten Gruppe gehören das Röntgen, die Mammografie (Brustaufnahmen), die Durchleuchtung und die Computertomografie. Keine Röntgenstrahlen verwenden Ultraschall und Magnetresonanztomografie.

Zur Person
Dr. med. Tobias Hertle ist seit 2020 Chefarzt am Institut für Radiologie der Spitäler fmi AG. Er lebt mit seiner Familie im Berner Oberland. Der bekennende Eisenbahnfan ist gerne mit dem Zug unterwegs und betreibt zu Hause eine Miniatureisenbahn. Ihm gefällt, dass im Berner Oberland «viel Eisenbahntechnik» zu sehen ist – von den Panoramazügen bis zu den Drehgestellen auf der Lötschbergstrecke.

Kommentare
Noch keine Kommentare vorhanden