Eine Spitalapotheke im Dienst der Region
Text: Daniel Göring, Foto: Tino Kistler
Das automatische Förderband transportiert drei Schachteln mit Schmerztabletten in eine bereitstehende graue Plastikkiste. Darin befinden sich bereits über ein Dutzend weiterer Schachteln diverser Formate und Grössen mit Medikamenten. Der Roboter, zu dem das Förderband gehört, sucht die Arzneimittel aus dem Medikamentenschrank zusammen.
Dieser erstreckt sich über die gesamte Länge des Raumes und bildet das Herzstück des Instituts für Spitalpharmazie. Es gehört zur Spitäler fmi AG und ist im Untergeschoss des Spitals Interlaken untergebracht. Mit den Schmerztabletten ist die heutige Bestellung komplett, ein zweites Transportband schiebt die Plastikkiste nach rechts Richtung Ausgang. Dort wird der Kurier sie abholen und an die Privatklinik Meiringen ausliefern.

Roboter und Medikamentenschrank am Institut für Spitalpharmazie im Spital Interlaken
Verschiedene Stufen an Dienstleistungen
Die Privatklinik Meiringen gehört wie acht weitere Kliniken sowie Alters- und Pflegeheime zu den Kunden des Instituts für Spitalpharmazie. Die Dienstleistungen, die sie in Anspruch nehmen, sind dabei unterschiedlich, wie Enea Martinelli, Chefapotheker der Spitäler fmi AG, erklärt. Während die einen Kliniken alle Aufgaben, die eine Apotheke erbringt, an das Institut für Spitalpharmazie ausgelagert haben, erledigen die anderen den Einkauf der Arzneimittel noch selbst und lassen lediglich die von Gesetzes wegen vorgeschriebenen Qualitätskontrollen durch die Fachleute aus Interlaken durchführen. Dabei geht es nach Angaben von Martinelli unter anderem um die richtige Lagerung, die Kontrolle der Temperatur, bei der die Medikamente aufbewahrt werden, oder den Umgang mit Betäubungsmitteln.
Bei den Heimen kommt neben der Beschaffung, Lieferung und Kontrolle der Medikamente noch eine Dienstleistung obendrauf: Das Team der Spitalapotheke packt die Medikamente ab, das heisst portioniert sie in die wöchentlichen Dosierungen für alle Patientinnen und Patienten. Ein Schritt, der die Pflege in den Heimen entlastet und ihr mehr Zeit im direkten Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern verschafft.
Die Aufgabe beschränkt sich jedoch nicht auf das Umpacken von Tabletten, wie Enea Martinelli hervorhebt. Ebenfalls dazu gehöre die Prüfung, ob die Medikamente aufeinander abgestimmt seien, wenn eine Person mehrere gleichzeitig einnehmen müsse. «So stellen wir sicher, dass es nicht zu Nebenwirkungen kommt, die vorhersehbar sind und folglich vermieden werden können.» Eine weitere Dienstleistung der Spitalapotheke ist das Anpassen von Medikamenten an die spezifischen Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten, zum Beispiel für eine Chemotherapie. Diesen Service nutzen gemäss Martinelli sowohl die Betriebe der Spitäler fmi AG als auch die externen Heime und Kliniken.
«Wir haben unsere Kompetenzen verbreitern können. Das nützt sowohl der Spitäler fmi AG als auch den belieferten Kliniken und Heimen.»

Das Team der Spitalapotheke Interlaken kümmert sich um Beschaffung, Lieferung und Kontrolle der Medikamente.
Kompetenzen verbreitert
Wo liegen die Vorteile, wenn ein Regionalspital den Apothekendienst für andere Gesundheitseinrichtungen erbringt? Enea Martinellis Antwort lässt keine Sekunde auf sich warten: «Wir haben unsere Kompetenzen verbreitern können. Das nützt sowohl der Spitäler fmi AG als auch den Kliniken und Heimen.» So beschäftige das Institut für Spitalpharmazie mittlerweile zehn Apothekerinnen und Apotheker, wie Martinelli ergänzt. Neben dem verbreiterten Wissen könne ein grösseres Team flexibler auf Bestellungen reagieren und die Dienstleistungen effizienter erbringen. Nicht zuletzt liessen sich auch die Pikettdienste auf mehr Schultern verteilen, zählt der Chefapotheker einen weiteren Pluspunkt auf.
Einen nicht zu unterschätzenden Trumpf hält eine grössere Organisation beim Einkauf in den Händen: «Wir profitieren bei den Lieferanten teilweise von besseren Konditionen», betont Enea Martinelli. Auch bei der Verfügbarkeit von Arzneimitteln sieht er den Verbund in einer besseren Lage: «Weil wir ein grösseres Lager haben, kommt es seltener vor, dass einzelne Medikamente knapp werden oder sogar ausgehen.» Und nicht zuletzt gestalte sich die Suche nach einer Alternative einfacher, wenn ein Medikament tatsächlich nicht mehr verfügbar sei, wie der Chefapotheker hinzufügt. «Es muss sich nicht jede Institution um eine Lösung bemühen. Wir können das für alle zusammen übernehmen.»

«Weil wir ein grösseres Lager haben, kommt es seltener vor, dass einzelne Medikamente knapp werden oder sogar ausgehen», erklärt Enea Martinelli.
«Kompetent und dienstleistungsorientiert»
Unter die Liste der von Enea Martinelli erwähnten Vorzüge setzt auch Daniel Andres seine Unterschrift. Der Leitende Arzt Innere Medizin der Privatklinik Meiringen erwähnt, dass es für eine kleine Klinik mit einem übermässigen Aufwand verbunden sei, eine eigene Apotheke zu führen, die den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten gerecht werde. Zudem habe eine kleine Apotheke deutlich schlechtere Karten bei Lieferengpässen oder der Suche nach Ersatzprodukten, wenn ein Medikament plötzlich nicht mehr zur Verfügung stehe.
Am Institut für Spitalpharmazie schätzt Daniel Andres den direkten persönlichen Kontakt. «Die Mitarbeitenden sind enorm dienstleistungsorientiert und ‹wahnsinnig› kompetent», windet er dem Team ein Kränzchen. «Wenn ich mich mit einem Anliegen bei ihnen melde, weiss ich, dass sie ausnahmslos eine Lösung finden.» Und dies erst noch in meist kurzer Zeit. Solch hervorragende Beziehungen hätten unter Institutionen im Gesundheitswesen Seltenheitswert, streicht Daniel Andres hervor.
Auch Enea Martinelli legt Wert auf eine enge Beziehung zu den Kliniken und Heimen. Mindestens einmal wöchentlich sei eine Apothekerin oder ein Apotheker aus Interlaken dort anzutreffen. Neben fachlichen Themen geht es laut dem Chefapotheker noch um etwas anderes: «Unsere Kunden sollen uns kennen und wissen, mit wem sie es zu tun haben.»
Institut für Spitalpharmazie
Das Institut für Spitalpharmazie der Spitäler fmi AG versorgt die fmi-Betriebe und neun Gesundheitsinstitutionen im Berner Oberland mit Arzneimitteln. Dazu gehört auch die öffentlich zugängliche Apotheke Weissenau im Spital Interlaken. Die Dienstleistungen umfassen die Auswahl, Beschaffung und Lagerung der Arzneimittel, die Beratung von ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Fachpersonen, die Qualitätssicherung sowie die Herstellung spezifischer Rezepturen für verschiedene Therapien.

Zur Person
Dr. pharm. Enea Martinelli ist seit 1994 Chefapotheker im Spital Interlaken. Er amtet zudem als Vizepräsident des nationalen Apothekerverbandes Pharmasuisse. Der 59-jährige Martinelli ist verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und lebt in Matten bei Interlaken. In seiner Freizeit joggt er und läuft regelmässig Marathons. Unter anderem hat er siebenmal den Jungfrau-Marathon absolviert. Im Winter trifft er sich wöchentlich mit Kollegen zum Kegeln.
Kommentare
Noch keine Kommentare vorhanden